What a ride! Ein Dank an Jimmy Garoppolo

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What a ride! Ein Dank an Jimmy Garoppolo

Posted By Lars Riedenklau

35-16. Das ist der Record von Jimmy Garoppolo als Starting-Quarterback der 49ers. Nach knapp fünf Jahren trennen sich nun die Wege.

Im April 2021 war nicht nur den Fans der San Francisco 49ers bewusst, dass mit dem Pick von Quarterback Trey Lance eine neue Ära unter HC Kyle Shanahan und GM John Lynch eingeläutet wurde. Auch Garoppolo selbst wird ab diesem Zeitpunkt gewusst haben, dass sein Dasein bei den 49ers spätestens jetzt mit einem Ablaufdatum versehen wurde. Zu oft verletzt, zu inkonstant. Das waren und sind die Hauptkritikpunkte am mittlerweile 30-jährigen Signal-Caller, der 2014 von den New England Patriots in der 2. Runde ausgewählt wurde. Es mag ironisch klingen, wenn man nun resümiert, dass Garoppolo auch diese Makel in seinem voraussichtlich letzten Jahr bei den Niners nicht ablegen konnte. Und dennoch nahm er uns und das Team mit auf einen letzten Ritt, der (erneut) nur kurz vor dem großen Triumph endete. Über einen Quarterback, der einer Franchise und seiner Fanbase neues Leben einhauchte, aber am Ende doch nicht die (zu) hohen Erwartungen erfüllte.

Neues Regime, neuer Quarterback

Fast fünf Jahre ist es nun her, als Jed York sich dazu entschied, den San Francisco 49ers ein neues Gesicht zu geben. Nachdem die Franchise nach den Play-Off Erfolgen in den Jahren 2011-2013 orientierungslos versuchte, das Championship-Fenster zu verlängern und dabei krachend scheiterte, stellte er mit John Lynch und Kyle Shanahan ein neues Duo vor, welches den Karren aus dem Dreck ziehen sollte. Beide erhielten einen Sechs-Jahres-Vertrag, was bereits zeigte: Dieser Weg wird kein leichter, aber vor allem kein kurzer werden. „Brick by brick“ lautete das Motto des neuen Regimes. Dieser Herangehensweise ließen die Verantwortlichen Taten folgen. Nach einer ereignisreichen Free-Agency-Phase und einem umjubelten Draft im Jahr 2017 attestierten die Experten den 49ers, auf einem guten Weg zu sein, bald wieder ein Wörtchen um den Titel in der NFC mitreden zu können. Das Roster wurde verjüngt und den Anforderungen von Shanahan entsprechend aufgebaut. Doch an einer Personalie mangelte es: Der des Quarterbacks.

Es war ein offenes Geheimnis, dass die Niners im QB-starken Draft (Watson, Mahomes, Trubisky) bewusst darauf verzichteten, sich intensiv mit potentiellen Prospects auseinanderzusetzen. Man liebäugelte schließlich damit, Kirk Cousins im darauffolgenden Jahr zu verpflichten. Cousins, der bereits in Washington mit Mastermind Shanahan zusammenarbeitete, war der auserkorene QB für die 49ers. Brian Hoyer sollte als Bridge-Quarterback dienen, C.J. Beathard wurde in Runde drei gedraftet – für viele Experten ein Reach. Das Quarterback-Play bei den Niners ließ zu wünschen übrig, das Warten auf Cousins fühlte sich länger und länger an. Doch am Ende der Draft-Deadline drückte John Lynch den Abzug: Quasi aus dem Nichts kam am 30. Oktober 2017 die Neuigkeit ans Licht, dass die 49ers Quarterback Jimmy Garoppolo von den New England Patriots verpflichteten. Im Gegenzug wanderte ein 2nd Round-Pick nach Foxborough, wo Garoppolo als prädestinierter Nachfolger von All-Time-Great Tom Brady galt. In New England machte sich etwas Unverständnis breit. Doch wie wir heute wissen, hatte ein gewisser Brady immer noch ein paar ordentliche Jahre im Arm …

Jimmy G entfacht das Feuer

In San Francisco hielt die Aufbruchstimmung Einzug. Während das Team keine Chance auf die Play-Offs und erst einen Sieg auf der Haben-Seite hatte, akklimatisierte sich Garoppolo schnell und kam gegen die Seattle Seahawks zu einem ersten Kurzeinsatz. Das Spiel war bereits entschieden, doch Garoppolo ließ durch einen sauberen Touchdown-Drive kurz vor Ende der Partie aufhorchen. Die Art und Weise, wie er den Platz betrat und die Offense über das Feld führte, hatte man so lange nicht beobachten können, wenn man es mit den 49ers hielt. Garoppolo strotze nur vor Selbstbewusstsein, was sich auf die gesamte Offense übertrug. Es ging ein Ruck durch das gesamte Team, welches nicht gerade mit Talent gespickt war. Die Receiver hießen Pierre Garçon, Marquise Goodwin, Trent Taylor und Louis Murphy. George Kittle war ein unscheinbarer Rookie, der sich seine Aufgaben mit Garrett Celek teilte. Als Runningback diente Carlos Hyde, der mittlerweile als Journeyman durch die NFL tourt. Als Garoppolo die Offense übernahm, spielte all dies keine Rolle. Die 49ers starteten einen bemerkenswerten Late-Season Run und gewannen mit „Jimmy G“ als Starter alle fünf verbleibenden Partien. In Erinnerung bleibt hier der 44:33-Erfolg gegen die Jacksonville Jaguars, die es im Anschluss bis ins AFC Championship Game schafften und mit einer der besten Defenses der NFL aufwarteten. Es schien, als könnte die 49ers mit Garoppolo schier niemand aufhalten. Und wie sollte das erst aussehen, wenn der neue Stern am Himmel der QB-Welt erst einmal eine ganze Off-Season mit Offense-Guru Shanahan verbracht hat?!

Der teuerste QB der Liga

Die Erwartungen an die 49ers in der langen Zeit zwischen beiden Spielzeiten waren nahezu grenzenlos. Im Draft und in der Free-Agency verstärkten sich die Niners in der Spitze und in der Breite, das angesparte Geld wurde u. a. in Richard Sherman investiert, was der Erwartungshaltung nochmals Antrieb verlieh. Und dann war da natürlich Garoppolo, der einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag bei den 49ers unterschrieb. Im Wert von insgesamt 137 Millionen. Rumms. Für kurze Zeit war Garoppolo sogar der bestbezahlteste Quarterback der Liga, was natürlich auch einige Zweifler auf den Plan rief. Nachdem die Vertragsstruktur bekannt wurde, verstimmten jedoch auch diese Laute. Was könnte die 49ers jetzt noch stoppen, fragten sich viele. Die Euphorie innerhalb der Fanbase war ungebremst.

Doch der Boden der Tatsachen erwartete die 49ers und seinen neuen Quarterback bereits. Und er war hart, sehr hart. Nach einer schwachen Leistung von Garoppolo unterlagen die 49ers bei den Minnesota Vikings. Gegen die Detroit Lions gelang ein wackliger Sieg, bis in Woche 3 der Worst Case eintrat: Garoppolo riss sich das Kreuzband. Zu Gast bei den Kansas City Chiefs lief man einem hohen Rückstand hinterher. Die Niners fanden langsam wieder in die Partie, als Garoppolo zu einem Scramble ansetzte und mit dem Knie wegknickte. Die erste Diagnose sollte sich bewahrheiten – Saisonaus. Eine Vollbremsung in Sachen Euphorie, auch sportlich gelang den 49ers in der Folgezeit nicht mehr viel. Die Saison beendete man mit vier Siegen, Nick Mullens und C.J. Beathard sahen oft ordentlich aus, waren jedoch kein angemessener Ersatz für Garoppolo.

Ein neuer Anlauf

Doch auch aus dieser Verletzung schlugen die 49ers Kapital, wenn man so möchte. Mit dem zweiten Pick im NFL Draft 2019 zogen sie Edge-Rusher Nick Bosa an Land, der nun bekanntlich zu den Besten seiner Zunft gehört. Erneut verstärkten sich die Mannen von John Lynch und Kyle Shanahan auf verschiedenen Positionen (Kwon Alexander und Dee Ford seien hier an erster Stelle genannt), um dieses Mal für den großen Wurf gerüstet zu sein. Die Erwartungen waren bei weitem nicht so hoch wie vor der 2018er-Saison, zu hart war der Aufprall nach all den Vorschusslorbeeren. Von vielen unterschätzt entpuppte sich das Niners-Team zu einem der gefürchtesten Gegner in der gesamten Liga, man beendete die Spielzeit als bestes Team in der NFC. In den Play-Offs überrollte man die Vikings und die Packers. Im Super Bowl unterlag man den Chiefs, die Geschichte ist bekannt. Trotz der historischen Saison und all den Erfolgen stand weiterhin ein großes Fragezeichen hinter Garoppolo, der individuell gesehen seine beste Saison spielte.

Aber was für einen Anteil hatte er am Erfolg der 49ers? Diese Frage wurde nach zwei Play-Off Spielen, in denen er den Ball kaum werfen musste, und dem Overthrow von Emmanuel Sanders im Super Bowl immer wieder laut. Die Verantwortlichen der Niners ließen sich nicht beirren, setzten auf Garoppolo und stärkten ihrem Quarterback den Rücken. Die „Legendary Revenge Tour“ wurde ausgerufen – doch diese scheiterte krachend. Nach unzähligen Verletzungen von Leistungsträgern und letztendlich Garoppolo war schnell klar, dass die 49ers nicht erneut um den Einzug in den Super Bowl mitspielen würden. Wieder beendeten Mullens und Beathard die Saison und fuhren sogar noch einige Siege ein. 6-10 lautete der abschließende Record. Eine Enttäuschung, gemessen an den hohen Erwartungen vor der Saison und der nach wie vor vorhandenen Qualität im Roster.

Das war’s! Oder doch nicht?

Die Kritik an der Handhabung der Quarterback-Position wurde wieder lauter, zumal die 49ers vor der Saison darauf verzichteten, sich genauer mit einer möglichen Verpflichtung von Tom Brady auseinanderzusetzen. Garoppolo war „ihr Guy“ – doch das sollte sich nach der Saison ändern. Schnell wurde klar, dass die 49ers sich nach einem Upgrade auf der Position umschauten. Auch, weil die Backups es nicht schafften, das ansonsten starke Team weiterhin um den Super Bowl mitspielen zu lassen. Matthew Stafford landete letztendlich bei den Rams, weitere Veterans waren keine Option. Als dann im März bekannt wurde, dass die 49ers für den 3rd Overall-Pick im 2021 NFL-Draft traden und hierfür insgesamt drei First-Round-Picks nach Miami schicken, war die Message eindeutig: Die 49ers wollen einen neuen Quarterback. Und dieser soll nicht nur für ein paar Jahre, sondern im besten Fall das nächste Jahrzent under center stehen. Die Gerüchteküche brodelte: Mac Jones, Justin Fields, Zach Wilson – wer wird es? Am Ende wurde es North Dakota State Quarterback Trey Lance, der es den 49ers angetan hatte.

Übernimmt er sofort? Bleibt Garoppolo? Diese Fragen ergaben sich bereits einige Tage nach dem Draft und die Niners stellten klar: Garoppolo ist weiterhin „ihr Guy“. Trotz der schwierigen Cap-Space Situation schafften es Paraag Marathe und Co., auch Garoppolos Vertrag so in die bestehenden Strukturen einzubauen, dass man mit Lance und Garoppolo in die Saison gehen konnte. Nachdem es nun zunächst danach aussah, als könne Lance bereits in Woche 1 die Zügel übernehmen, schlug noch einmal die Stunde des Jimmy Garoppolo. Der Mann, der die 49ers 2017 aus der Versenkung geholt hatte, gab nicht auf und verteidigte seinen Starting-Spot. Shanahan gab an, dass Garoppolo sein Starter sei und dass ebenfalls versucht werde, Lance in die Offensive miteinzubauen. Dies sah man in den ersten Spielen, doch so wirklich funktionieren wollte dieses System nicht. Weder Garoppolo noch Lance, der aufgrund einer Garoppolo-Verletzung in einem Spiel starten durfte, konnten vollends überzeugen. Als Garoppolo nach seiner Knöchelverletzung zurückkehrte, wäre es wohl ein guter Zeitpunkt gewesen, eine wegweisende Entscheidung zu treffen, und Lance den Starting-Job zu überreichen. Doch Shanahan entschied sich dagegen, zum Unverständnis vieler Fans und Experten. Garoppolo überzeugte weiterhin nicht durch grandiose Auftritte, im Gegenteil: Die 49ers standen bei einem Record von 3-5 und verloren Spiele, die sie nicht hätten verlieren dürfen. Die Fangemeinde stand schon längst nicht mehr hinter ihrem einstigen Heiland. Das Unverständnis an der Entscheidung Shanahans wuchs.

Totgeglaubte leben länger

Aber er wäre nicht dieser Jimmy Garoppolo, wenn er nicht auch aus dieser Situation als Gewinner herausgegangen wäre. Die 49ers zogen den Kopf ein weiteres Mal aus der Schlinge, rafften sich auf und legten eine beeindruckende zweite Saisonhälfte auf das Parkett. Shanahan verzichtete darauf, Lance in einzelnen Packages auf das Feld zu schicken. Laut eigenen Angaben aus dem Grund, dass er so defensive Tendenzen besser erkennen könnte. Viele runzelten die Stirn, doch Shanahan behielt recht. Getragen von Deebo Samuel und den restlichen offensiven Leistungsträgern schwebten die Niners auf einer Welle des Erfolgs bis in das NFC Championship Game. Hier endete die Reise eines zusammengewachsenen, verschworenen Teams ein weiteres Mal zu früh. Doch die Art und Weise, wie sich die Spieler und Verantwortlichen hinter ihrem Quarterback versammelten, ihn in der Öffentlichkeit lobten und verteidigten, spricht für sich. Der Mensch und Leader Jimmy Garoppolo war trotz seiner oft durchschnittlichen Leistung auf dem Feld ein Hauptfaktor dafür, dass die 49ers zum zweiten Mal in drei Jahren im Finale der NFC standen. Die Saison der Niners war mehrfach schon so gut wie beendet – doch Garoppolo hatte etwas dagegen.

Denn er tat das, was von ihm verlangt wurde: Gewinnen. Seine Qualitäten auf dem Feld sind mittlerweile hinlänglich bekannt. Garoppolo ist über die Mitte des Feldes ein sehr präziser Quarterback, der Pässe in engste Fenster vervollständigen kann. Sein Release ist sehr schnell, was hinter der oft wackligen Inside Offensive-Line der 49ers von enormer Wichtigkeit gewesen ist. Die Offense war für Garoppolo gebaut – er führte sie aus, wie es kein anderer vor und nach ihm geschafft hat. Natürlich wird diese Offense unter Lance anders aussehen, wenn es Shanahan gelingt, seine Stärken in das Scheme einzubauen. Doch für eine Kurzpass-Offense, wie die der Niners in den letzten drei Jahren, ist Garoppolo der maßgeschneiderte Quarterback.

Und selbstverständlich sind seine Flaws nicht wegzudiskutieren. Seine hanebüchenen Würfe in die Arme eines Linebackers oder Safeties haben uns des Öfteren in der Nacht sprachlos dasitzen lassen. Auch seine Pocket Präsenz pendelte zwischen Genie und Wahnsinn.

Die Zukunft ist jetzt

Doch das, was Garoppolo für die 49ers geleistet hat, geht eben über alles Sportliche hinaus. Ein Football-Team besteht nicht nur auf dem Feld. Menschenführung, Menschenverständnis, Charisma. Das sind Eigenschaften, die ein Quarterback ebenfalls mitbringen muss, um Teil eines erfolgreichen Teams zu sein. Und in dieser Hinsicht hat Jimmy Garoppolo geliefert. Wir können dankbar sein, dass er diese „Winning Culture“ zurück an die Bay Area gebracht hat.

Die viereinhalb Jahre, die Garoppolo das Dress der 49ers trug, werden uns allen in guter Erinnerung bleiben. Der große Wurf blieb ihm leider verwehrt – das ist Football. Doch der Mensch und der Spieler Jimmy Garoppolo hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern der San Francisco 49ers sicher.

Und wie wir wissen, ist die Zukunft schon da. Trey – it’s your turn!

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Written by Lars Riedenklau

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