Film Room: Wie die 49ers der Seahawks-Offense und Shane Waldron den Zahn gezogen haben

Seit der Bye-Week zeigt sich die Defense der San Francisco 49ers stark verbessert. Eine Analyse. Die Hauptgründe für die verbesserte Leistung der 49ers-Defense sind vor allem die Rückkehr zu den „Basics“ und diszipliniertere Performances der einzelnen Spieler. Aber auch Steve Wilks hat nach der Bye-Week einige Änderungen vorgenommen und ist in seinem Playcalling und Gameplanning nochmal deutlich kreativer geworden. Was auf den ersten Blick direkt auffällt, ist, dass man Coverages deutlich mehr als noch am Anfang der Saison, disguised. Und das war einer der Hauptgründe für den Erfolg gegen die Seahawks und Drew Lock.

Ganz grundsätzlich war vor allem die Run Defense ein großer Schlüssel zum Erfolg in diesem Spiel. Die Seahawks haben es immer wieder versucht, die Defense vertikal zu attackieren. Besonders wichtig war, dass man das Run Game der Seahawks bis auf wenige Ausnahmen gut gestoppt hat. Dadurch hatte man den Luxus, viel mit zwei tiefen Safeties zu spielen und vertikale Shots erfolgreich zu verteidigen. Hier mehrere Beispiele:

Im ersten Play kommen die Seahawks in heavy Personal auf das Feld. TE Colby Parkinson, hier als FB aufgestellt, TE Will Dissly und RB Kenneth Walker sind beim Play Extra Pass Blocker. Das Pass Konzept der Seahawks ist eine tiefe Over Route von Noah Fant und eine Go Route von DK Metcalf. Metcalf soll mit seiner tiefen Route den Raum für Noah Fant öffnen. Die Linebacker und vor allem Fred Warner generieren nach der Play Action aber genug Depth (Tiefe) und sind bereit für das Play. Zusätzlich merkt Safety Ji’Ayir Brown, dass er kein Threat tief hat und attackiert die Over Route von Fant. Lock hat zwar Zeit aber keine Option im Passpiel und macht mit seinem Scramble noch das Beste aus dem Play.

Im nächsten Play kurz vor der Halbzeit zeigen die 49ers pre-snap eine Cover 3 Defense mit Press Coverage gegen DK Metcalf an. Die 49ers spielen gerne Cover 3-Nable, also wie unten angezeigt Cover 3 mit Press-Man Coverage des Outside Cornerbacks auf der Single Receiver Seite.  Die Augen von Drew Lock gehen nach dem Snap sofort zu DK Metcalf um Ambry Thomas 1-zu-1 tief zu attackieren. Tashaun Gipson rotiert aber post-Snap in eine Cover 2 Zone, weswegen DK Metcalf tief keine Option mehr ist. Durch den Pressure von Bosa muss Lock bereits aus der Pocket scramblen und hat auch danach Downfield keine offene Anspielstation.

Das nächste Play ist super spannend, weil beide Koordinatoren gleichzeitig adjusten. Die Seahawks kommen diesmal mit einer Spread Formation und 11 Personal (1 RB/1TE) aus dem Huddle. DK Metcalf ist diesmal im Slot und nicht Outside, wo er davor immer mit einem Safety over the top gedoppelt wurde. Die 49ers sind wieder in im selben ,,Look‘‘, diesmal mit Deommodore Lenoir in Press Coverage gegen Jaxon Smith Njigba. Die Seahawks erwarten in diesem Fall, dass JSN mit seiner Go Route die rechte Seite der Defense für die Over Route von DK Metcalf eröffnet. Eigentlich ein gutes Adjustment von Shane Waldron. Die Defense von Steve Wilks ist aber bereit für das Play, da man anscheinend genau dagegen unter der Woche geplant und einen sogenannten ,,Check‘‘ für diese Formation vorbereitet hat. Durch den Check spielt die Defense zur Trips Seite (3 WR Seite) normal Cover 4. Auf der anderen Seite spielt Greenlaw gegen den RB und Lenoir gegen JSN Man Coverage. Tashaun Gipsons Job ist es in diesem Fall erst tief über dem WR zu spielen und dann eine potenzielle Over Route von Metcalf zu attackieren. Genau das passiert auch. Durch perfekte Vorbereitung unter der Woche hat Lock nur den Checkdown frei. Auch wenn Noah Fant noch einige Yards macht, reicht es nicht für das 1st Down.

Die nächsten zwei Plays sind zwei 3rd Downs, in denen Steve Wilks wieder erfolgreich disguised und Drew Lock verwirrt. Nachdem die Seahawks Offense aus dem Huddle kommt, stellt sich Dre Greenlaw über den Tight End auf und Ambry Thomas ist in Press Coverage gegen DK Metcalf, was ein klarer Indikator für Man Coverage (Cover 1 in diesem Fall) ist. Die Seahawks rechnen mit Man Coverage und haben dementsprechend einen Man-Beater gecallt. DK Metcalf auf einer Go Route ist erneut der erste Read, da es so aussieht als hätte er eine Chance auf ein 1-zu-1 Matchup. Dass die 49ers bei 3rd Down Man Coverage spielen würden, wäre grundsätzlich nicht abwegig. Im ersten Spiel gegen Seattle waren die 49ers von zehn 3rd Down Pass Plays 5-mal in Man Coverage. Nach dem Snap rotieren die 49ers aber erneut in Cover 2 Zone, wodurch Ambry Thomas wieder Safety Hilfe hat. Mit Lockett und Jaxon Smith Njigba laufen die Seahawks eine Variation eines Mesh Konzepts, um Man Coverage zu schlagen. Gegen Zone Coverage ist es aber nicht das optimale Konzept, weswegen keiner der beiden offen ist. Durch den Pressure muss Lock aus der Pocket und sein Pass endet in einer Incompletion.

Beim nächsten 3rd Down zeigen die 49ers abermals Man Coverage mit Single High Safety an. Ambry Thomas, am oberen Bildrand, steht erneut in Press Coverage DK Metcalf gegenüber und auch Fred Warner steht unten am Bild gegenüber von Noah Fant, einem TE. Beides sind erneut klare Indikatoren für Man Coverage. Die 49ers rotieren nach dem Snap aber erneut in eine Cover 2 Defense und eliminieren dadurch die tiefen Routes von DK Metcalf und Tyler Lockett. Nickelback Isaiah Oliver spielt in diesem Fall die Position des ,,Low Hole‘‘ Spielers und kann dadurch die Route von JSN wegnehmen. Dass Fred Warner die Flat Zone außen spielt, ist absolut unnormal für einen Linebacker, weswegen dieser Playcall so gut funktioniert.

Steve Wilks hatte in diesem Spiel einfach die perfekte Antwort auf alles, was ihm sein gegenüber Shane Waldron präsentiert hat. Dennoch muss man auch sagen, dass der Gameplan von Waldron durch den Ausfall von Geno Smith sicher deutlich simpler gehalten wurde. Trotzdem hätte man aus Seahawks Sicht das ein oder andere Adjustment mehr vornehmen können. Die oben erwähnten Disguises waren noch viel öfter im Spiel zu sehen, irgendwann hätte man damit auch rechnen können. Shane Waldron wurde in dieser Saison bereits sehr oft kritisiert, nach diesem Spiel kann ich diese Kritik zumindest in gewisser Weise nachvollziehen.

Der Gameplan von Steve Wilks hat funktioniert, ein Spieler spielt allerdings momentan auf sehr hohem Level und sollte nach diesem Spiel positiv erwähnt werden – nämlich Ji’Ayir Brown. Nicht nur im Run-, sondern auch im Pass Game kompensiert er den Ausfall von Talanoa Hufanga momentan sehr gut. Auch hier drei vorbereitete Clips:

Der erste Clip ist ein Run Play. Die 49ers spielen mit zwei tiefen Safeties, einer davon ist Ji’Ayir Brown. Achtet auf Brown, wie früh er das Play liest und Downhill attackiert. Brown ist sofort auf seinem Posten und macht das Tackle für wenig Raumgewinn.

Im nächsten Play kommen die Seahawks mit einer Trips Formation aus dem Huddle. Lockett und DK Metcalf laufen ein sogenanntes ,,Levels‘‘ Konzept mit zwei In-Breaking Routes. Die 49ers sind in einer Cover 2 Defense und spielen das Konzept sehr diszipliniert. Hier ist vor allem Deommodore Lenoir hervorzuheben, der zuerst die ,,In-Route‘‘ spielt und diese dann übergibt. Er droppt tiefer in seine Zone um für eine potenzielle Out-Breaking Route vom Slot WR bereit zu sein, die dann auch kommt. Lenoir liest die Augen von Drew Lock, positioniert sich gut und ihm gelingt fast die Interception. Auch Ji’Ayir Brown ist bei diesem Play wieder in guter Position. Er bemerkt schnell, dass er kein tiefes Threat hat und attackiert die Route von Lockett. Hätte Lenoir den Ball nicht abgewehrt, hätte Brown die Chance auf seinen ersten Pick Six in seiner Karriere gehabt.

Der letzte Clip ist die Interception von Ji’Ayir Brown. Die Seahawks laufen in dieser Situation ein Konzept, dass die 49ers offensiv auch oft spielen. DK Metcalfs Route ist eine sogenannte ,,Pylon Route‘‘. Metcalf läuft erst direkt auf den Safety zu und cuttet dann direkt in Richtung der Pylone (an der Goalline). Tyler Lockett läuft eine tiefe Over-Route. Die 49ers spielen in dieser Situation Cover 3-Nable. Also normal Cover 3, außer, dass Lenoir gegen Metcalf Press-Man Coverage spielt. Durch die Route von Metcalf sollte eigentlich viel Platz für die Over-Route sein. In diesem Fall muss der Linebacker, in dem Fall Der Greenlaw, jede potenzielle Crossing Route covern. Greenlaw macht einen guten Job, reagiert kaum auf die Play Action und bleibt in perfekter Position gegen Lockett. Die Vikings haben mit genau dem gleichen Play früher in der Saison gegen die 49ers und Cover 3-Nable mit dieser Over-Route von Jordan Addisson einen Touchdown erzielt. Lenoir macht ebenfalls einen starken Job in dieser Situation. Dadurch, dass er enorm physisch an der Line of Scrimmage spielt, kommt Metcalf nur sehr langsam in seine Route. Das ist der Grund, warum Lockett und Metcalfs Routes am Ende so nah beieinander enden. Ji’Ayir Brown spielt die Position des tiefen Safeties, liest die Augen von Drew Lock und macht die Interception. Perfekt gespielt von Brown.

Das war definitiv das beste Spiel in Browns noch junger Karriere. Er war immer auf seinem Posten und hätte potenziell noch weitere Interceptions haben können. Momentan ist Brown auf keinen Fall ein Downgrade zu Talanoa Hufanga und ist auf bestem Wege ein Star in dieser bereits so starken Defense zu werden.

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