In der vierten NEG Scouting Session geht es um Quarterback Michael McCorkle „Mac“ Jones von der University of Alabama. Er verkörpert im Gegensatz zu den anderen Top Quarterbacks in dieser Klasse den alten prototypischen Quarterback.
Jones ist ein klassischer Pocket Passer, genau wie es Tom Brady, Matt Ryan und Jimmy Garoppolo sind. Er glänzt vor allem durch sein hervorragendes Spielverständnis und seine Underneath Accuracy. Er ist im Hinblick auf sein Spielverständnis vermutlich der beste und fortgeschrittenste Quarterback dieser Klasse. Er weiß einfach, wo er den Ball hinwerfen muss, geht schnell durch seine Reads und findet die Hot-Route gegen Pressure.
Andererseits ist Mac Jones nicht der mobilste Quarterback. Auch wenn er sich sehr gut in der Pocket bewegt, kann er kaum Plays mit seiner Athletik alleine erfolgreich vollziehen. Er gehört zu den „Old-School“ Quarterbacks, die in der NFL zunehmend von der Bildfläche verschwinden.
Seine ehemaligen Mitspieler sowie Coach Nick Saban bezeichnen Jones als Leader im Locker-Room. Seine Mitspieler stellten ihn sogar über ihren ehemaligen Quarterback Tua Tagovailoa, der letztes Jahr im NFL Draft an Nummer 5 von den Miami Dolphins ausgewählt wurde.
Ein wichtiger Aspekt, den man bei der Evaluierung von Mac Jones berücksichtigen muss, ist das Team um ihn herum. Er hat zwischenzeitlich mit 4 (!) 1st Round Receivern zusammengespielt (Jerry Jeudy, Henry Ruggs, DeVonta Smith, Jaylen Waddle). Dazu kommt, dass er hinter einer der besten Offensive Lines gespielt hat. Natürlich hat er dabei enorm von den starken Mitspielern profitiert. 2020 hat er beispielsweise nur 44 Pässe in enge Fenster geworfen. Joe Burrow hatte im Vergleich dazu bei LSU 124. Außerdem hatte er über 600 Yards mehr zu offenen Receivern, als der Quarterback mit den zweitmeisten Yards in dieser Statistik.
Doch in dem Jahr hat er deutlich unter Beweis gestellt, dass er ein sehr guter Quarterback ist. Die Tatsache alleine, in einem guten Team gespielt zu haben, bedeutet noch lange nicht, dass man dieses auch zu Siegen führen kann. Doch das gelang ihm, nämlich durch den Gewinn der National Championship 2020.
Die Eckdaten:
- Position: Quarterback
- College: Alabama Crimson Tide
- Geburtsdatum: 05.09.1998
- Größe: 6‘3 / 190cm
- Gewicht: 217 Pounds / 98 kg
PFF-Grade und Statistik:
Grade | Yards | Completions | TDs/INTs | Passer Rating | |
2018 | 61.0 | 123 | 5/13 (38.5%) | 1/0 | 99.2 |
2019 | 78.7 | 1503 | 97/141 (68.8%) | 14/3 | 128.1 |
2020 | 95.8 | 4494 | 311/406 (76.6%) | 41/4 | 141.6 |
Stärken:
- Hat ein unglaublich gutes Spielverständnis. Liest das Feld schnell und erkennt, wo er mit dem Ball hingehen muss.
- Sehr gute Accuracy, vor allem Underneath besser als die anderen Quarterbacks dieser Klasse.
- Wirft konstant mit gutem Timing und Antizipation.
- Trotz seines nicht so starken Arms kann er die Bälle überall auf dem Feld genau platzieren.
- Enorm gutes Ball Placement. Platziert den Ball immer so, dass seine Receiver die Chance haben, den Catch und möglichst viele Yards danach zu erzielen.
- Wirft einen sehr schönen Deep Ball – bringt Luft unter den Ball und lässt ihn ideal platziert in die Hände der Receiver fallen.
- Gute Pocket Awareness – bewegt sich weg vom Druck, um sich zusätzlich Zeit zu verschaffen und den Ball danach optimal anzubringen.
- Bleibt unter Druck ruhig und weiß, wohin er den Ball werfen muss bzw. findet seine Hot Route – nur 4 Turnover-würdige Plays, bei 131 Dropbacks unter Druck.
- Hat gezeigt, dass er trotz seiner athletischen Limitierungen auch im Lauf genaue Bälle werfen kann.
- Erkennt rasch, wenn der Ball einfach weggeworfen werden muss, um unnötige Sacks oder Turnover zu vermeiden.
- Verfügt über Leadership- und Game Manager Qualitäten. Hat dies in einer herausragenden Offense unter Beweis gestellt.
- Bereit, ab Tag 1 zu starten.
Im nachfolgenden Video sieht man eine Play Action der Alabama Offense gegen Georgia. Mac Jones liest den tiefen Safety auf der linken Seite des Feldes. Der Safety entscheidet sich, die Route Underneath zu covern. Mac Jones sieht das sofort und platziert einen perfekten Ball über den Safety in die Hände seines Receivers. Dabei bleibt er unbeeindruckt vom Druck der Defensive Line und kassiert auch noch einen harten Hit.
Schwächen:
- Athletisch limitiert. Keine außergewöhnliche Mobilität, vergleichsweise unterdurchschnittlicher Arm.
- „Old School Quarterback“ – er ist nicht jener Quarterback-Typ, der Plays selbst improvisieren bzw. kreieren kann.
- Durch seine mangelnde Armstärke schließen sich Wurffenster schneller, da der Ball einfach länger braucht, bis er ankommt.
- Viele seiner Würfe aus dem vollen Lauf kommen zu tief. Es sieht so aus, als würden sie ,,verhungern‘‘.
- Vertraut seinem Arm zu sehr – hat viele tiefe Pässe, die er unterwirft. Er profitiert enorm von seinen Star Receivern, die ihn gut aussehen lassen und auch schwierige Plays erfolgreich zu Ende bringen.
- Sein Release ist nur durchschnittlich.
- Hat oft sehr riskante Würfe, wo er von seinen starken Mitspielern gerettet wird. Er vertraut seinen Receivern manchmal zu sehr.
- Profitierte enorm von Umständen bei Alabama. Er musste kaum Bälle in enge Fenster werfen und hatte zusätzlich über 600 Yards zu offenen Receivern als der zweitbeste Quarterback in dieser Wertung. Er ist darüber hinaus 2. im College Football, im Hinblick auf die Yards nach einem Screen Pass (591).
- Wirkt etwas panisch, wenn die Pocket um ihn herum kleiner und enger wird.
- Benötigt eine saubere Pocket, eine gute Plattform und konstant ideale Mechanics, um den Ball gut zu werfen.
- Muss sich daran gewöhnen, dass er in der NFL kontinuierlich unter Druck stehen wird und seine Receiver definitiv nicht so weit offen sein werden, wie das bei Alabama der Fall war.
Im nachfolgenden Video sieht man zwei Szenen aus dem Spiel gegen Georgia. Mac Jones bekommt Druck und kann durch seine athletische Limitierung kein Play selbst kreieren und muss den Ball wegwerfen. Zusätzlich gab es beim zweiten Play auch noch eine Flag wegen Intentional Grounding.
Wenn man die die bisherigen Quarterbacks von Kyle Shanahan betrachtet, fällt auf, dass er im Grunde immer mit reinen Pocket Passern zusammengearbeitet hat, wenn man von RG III absieht. Auch in dieser Offseason gab es Gerüchte, dass Kyle Shanahan sehr gerne Kirk Cousins zu den 49ers holen würde, der ein ähnlicher Spielertyp wie Mac Jones ist.
Vom Spielertyp würde Mac Jones genau in das System der 49ers passen. Mit Mac Jones könnte man ein ähnliches System spielen wie mit Jimmy Garoppolo in den letzten Jahren und müsste quasi nichts ändern.
Ob die 49ers Mac Jones mit dem 3. Pick auswählen bleibt abzuwarten. Vor allem wird es davon abhängen, ob Kyle Shanahan, wie bereits in der Vergangenheit, einen Pocket Passer oder doch eher einen athletischen Quarterback präferiert. Unbestritten ist hingegen, dass Mac Jones grundsätzlich in der Lage wäre, Jimmy Garoppolo, von Tag 1 an zu ersetzen.